Manfred Lütz und die Sache mit dem 8. Gebot

Kaum jemandem, der diese Bemerkung liest, wird der Name Manfred Lütz geläufig sein, ein Aspekt, der später noch von
Wichtigkeit sein wird. Manfred Lütz, Theologe und Psychiater, Autor einiger Bücher und der Mann, der dem Schriftsteller
Karlheinz Deschner (u.a. "Kriminalgeschichte des Christentums") "hasserfüllte Augen" unterstellt hat, wird in einem
Interview mit dem Sender "Domradio" zu dem Theologen und Schriftsteller Eugen Drewermann seinem wie immer provokativ
vorgetragenen Geltungsdrang erneut in konsequenter Weise gerecht. Auf den ersten von Manfred Lütz gegen Eugen Drewermann
erhobenen Vorwurf bezüglich des Buches "Kleriker - Psychogramm eines Ideals", hat der Drewermann-Biograph Matthias Beier in
seiner Replik bereits ausführlich geantwortet, wie man hier nachlesen kann:

Romtreuer Theologe verleumdet Drewermann

Dem Vorwurf aber, dass Eugen Drewermann "nicht dialogfähig" sei, begegne ich in Verbindung mit Manfred Lütz nicht zum ersten
Mal. Es mag ja sein, Eugen Drewermann hat einmal in seinem Leben eine Einladung zu einer Fernsehsendung kurzfristig und aus
persönlichen Gründen abgesagt. Daraus dichtet Lütz in seinem Schmöker "Lebenslust" die Behauptung, dass "Drewermann jedem
Dialog gerne aus dem Weg geht"
- wie wäre es, wenn Herr Lütz es mal mit dem 8. Geboten halten würde, wäre dementsprechend
das falsche Zeugnis gegen Andere nicht zu unterlassen? Eugen Drewermann hat in den letzten mindestens 30 Jahren derartig viele
Dialoge und Diskussionen gesucht und geführt, dass eine auch nur annähernde Aufzählung den Rahmen dieser Bemerkung in grandioser
Weise sprengen würde: Ob in vielen Talkshows im Radio und im Fernsehen, bei einer Vielzahl von Podiumsdiskussionen zu vielen
verschiedenen Themen, auf unzähligen Fachtagungen und Kongressen, vor Lehrerverbänden, im Gespräch mit Schulklassen, etc.,
immer war und ist Eugen Drewermann um den Dialog bemüht. Dass er ausgerechnet einer Sendung ferngeblieben ist, in welcher auch
Manfred Lütz zu Gast war, muss dessen Geltungsdrang in solcher Weise gekränkt haben, dass er den Vorwurf der Dialogunfähigkeit bei
jeder sich bietenden Gelegenheit widerkäut.

Ähnliches gilt übrigens auch für den Autor des Buches "Der Gotteswahn", den britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins, der es
auf der Frankfurter Buchmesse vor einigen Jahren gewagt hat, seine Teilnahme an einem Streitgespräch mit Manfred Lütz für die ARD
zu verweigern, weswegen Herr Lütz ihn aus gekränkter Eitelkeit seitdem als "fundamentalistischen Atheisten" bezeichnet, der - man
ahnt es bereits! - selbstverständlich "diskursunfähig" sei - nein, Herr Lütz, weder Eugen Drewermann, noch Richard Dawkins sind dialog-
oder diskursunfähig, ganz im Gegenteil sogar, zeichnen sich gerade diese beiden glänzenden Autoren durch eine außerordentlich hohe
Diskussionsfreude aus. Egal ob Karlheinz Deschner, Eugen Drewermann, oder Richard Dawkins, zu allen Autoren, die es wagen, sich
religions- oder kirchenkritisch zu äußern, spuckt Manfred Lütz seine vorlaute Häme, die sachlich größtenteils noch nicht einmal stimmig
ist. So wirft er etwa in seinem Buch "Bluff" der Evolutionstheorie vor, sie könne die Entstehung des Lebens nicht erklären, also etwas,
das weder ihre Aufgabe, noch ihr Ziel ist. Zudem kann es gar keinen "fundamentalistischen Atheismus" geben, da es - adäquat zu den
vermeintlich "Heiligen Büchern" der Religionen - keine grundlegenden Texte gibt, auf welche atheistische Fundamentalisten sich berufen
könnten. Und zu der hohen Wissenschaftlichkeit des Herrn Lütz braucht man nur sein medizinisches Urteil über Adolf Hitler in dem Buch
"Irre" zu lesen; Hitler war dementsprechend nicht etwa womöglich psychisch krank, worüber sich trefflich diskutieren ließe, sondern
schlichtweg "böse" - das ist doch mal eine medizinisch korrekte wissenschaftliche Kategorie.

Nun mag man einwenden, Manfred Lütz habe sich im Rahmen seiner offenbar einigermaßen begrenzten intellektuellen Möglichkeiten
wenigstens die Mühe einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit Eugen Drewermann gemacht, wogegen der andere wichtigtuerische
deutsche Schrei-Katholik, der katholische Abenteurer Matthias Matussek, es in seinem Buch "Das Katholische Abenteuer" bei der
kleinen Nebenbemerkung belassen hat, dass Eugen Drewermann jemand sei, dem man nicht mehr zuhören kann, wobei er sich der
Einfachheit halber eines Zitates des im Jahre 2000 verstorbenen Erzbischofs Johannes Dyba bedient hat, der Drewermann einmal als
"wabernden Hirtenpullover, den keiner mehr hören kann" bezeichnet hat. Auf eine sachliche Auseinandersetzung mit Eugen Drewermann
allerdings haben sowohl Herr Dyba, als auch Herr Matussek vollständig verzichtet.

Zurück aber zu dem erwähnten Interview, in welchem Manfred Lütz des weiteren behauptet, Drewermann habe aufgrund einer Äußerung
eines damaligen Erzbischofes Johannes Joachim Degenhardt "in einer unglaublich aggressiven Weise auf die Kirche und den Erzbischof
eingeschlagen"
. Dazu kann ich nur sagen, dass ich selber die Entwicklung der Ereignisse, die zu dem Amtsenthebungsverfahren und der
anschließenden Suspendierung Drewermanns vom Lehr- und Priesteramt geführt haben, sehr genau nachverfolgt habe, welche Eugen
Drewermann persönlich übrigens anhand dutzender Dokumente in dem Buch "Worum es eigentlich geht - Protokoll einer Verurteilung" sehr
ausführlich dargelegt hat. Damals habe ich mir die nicht geringe Mühe gemacht, alles zu lesen, was ich an gegen Drewermann gerichtete
Publikationen in die Hände bekommen konnte, aber aggressive Töne habe ich ausschließlich bei Drewermanns selbsternannten Gegnern
entdecken können, die z.T im Auftrag der Kirche gegen ihn agitiert haben.
Dass Drewermann selber ab einem gewissen Zeitpunkt die Unterstützung der Öffentlichkeit gesucht hat, ist allzu verständlich, da er es mit
der Zuspitzung des Konfliktes zunehmend mit Dialogverweigerung seitens der Kirchenvertreter zu tun hatte, gegen welche er anzukämpfen
hatte, und nicht umgekehrt! Dass man ihm dies kirchlicherseits im Nachhinein als das Buhlen um öffentliche Aufmerksamkeit vorgeworfen hat,
ist mehr als billig. Wenn jemand sehr uneitel kein großes Aufhebens um seine Person machen wollte, dann Eugen Drewermann, dem es immer
nur um die Sache ging, ganz im Gegensatz zu Leuten wie Matthias Matussek oder Manfred Lütz, die sich geradezu darum reißen, dass man
ihnen ein Mikrofon unter die Nase hält, um in der Öffentlichkeit präsent sein zu können.

Am Ende des Domradio-Interviews erlaubt Manfred Lütz sich die Bemerkung, dass "Eugen Drewermann für die Kirche nicht fruchtbar werden
konnte"
, und Inzwischen "ja kein Mensch mehr was von ihm weiß". - Nun, die Wirkung von Eugen Drewermann (nicht nur) auf die Katholische
Kirche soll hier nicht das Thema sein und wäre einer gründlichen Untersuchung durchaus wert, aber wiederum entspringt die Aussage, dass
"niemand mehr etwas von Eugen Drewermann weiß", allenfalls dem Wunschdenken des Manfred Lütz, denn nach wie vor ist Drewermann
als Buchautor sehr produktiv, als Vortragsredner innerhalb und außerhalb Deutschlands ebenfalls. Seine Vorträge sind nach wie vor gut
besucht, sehr oft auch ausverkauft.

Ich bin sehr dafür, sich kritisch mit Eugen Drewermann im besten Sinne des Wortes Kritik auseinanderzusetzen, gerade weil er als Autor
interdisziplinär arbeitet und alle relevanten geistes- und naturwissenschaftlichen Disziplinen zusammenzubringen versucht. Wer es sich
aber wie Manfred Lütz als christlicher Theologe und Psychiater erlaubt, öffentlich in fast schon diffamierender Weise über ihn zu urteilen,
sollte sich über Begriffe wie Redlichkeit und Fairness einmal Gedanken machen.

Manfred Lütz im Interviewe über Eugen Drwermann auf "domradio.de"


©
Volker Brokop, 02.04.2017